Die Scheibe „Move It On Over“ im Jahr 1979 war eine der ersten „echten“ Blues Platten, die ich mir Ende der 70er gekauft habe, danach fiel ich dann – nachdem ich durch Helmut aus dem legendären Plattenladen „Argilo“ auf den Geschmack gekommen war, mit Vinylplatten von Son Seals, Muddy Waters und Eddie Clearwater in einen regelrechten Bluesrausch. Ich erinnere mich gerne an die nächtelangen Diskussionen, die ich in Musikerfachkreisen im (ebenfalls) legendären “Omnibus” (Blues & Folk Club in Würzburg) oder in der (kultigen) “Waschküch” (ehemalige Würzburger Studentenkneipe) geführt habe, in denen es vor allem um das Thema ging, dass nur Schwarze den wahren Blues spielen können. Und immer dann, wenn ich versuchte, die These zu widerlegen, brachte ich die Namen Johnny Winter und – George Thorogood vor. Um letzteren entbrannten dann überlange Streitgespräche. Zugegeben – der gute „Georgie-Boy“ war eigentlich eher ein waschrechter Blues-Boogie-Rocker - aber was er schon damals mit seiner Slidegitarre veranstaltete, da konnte ihm kaum einer das Wasser reichen.
Und so ist es auch auf seiner neuen Platte – ich glaube es ist sein 20. Studio Album – ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, weil ich sie sowieso alle habe, natürlich auch die Live-Scheiben. Das neue Album „2120 South Michigan Ave“ zeigt vor allem eines: GEORGE THOROGOOD hat auch runde 30 Jahre später seinen ungehobelten, authentischen Spass. 13 Stücke gibt’s (Spielzeit: 45:58) – es kracht, es rockt und der Gitarrist präsentiert natürlich den einen („Spoonful“) oder anderen („Bo Diddley“) kultigen Standard. Manche Songs werden durch Gästebeiträge aufgemöbelt wie beispielsweise „Hi-Heel Sneakers“ durch ein brachial-radikal pfeifendes Gitarrensolo von Buddy Guy oder „My Babe“ und der Titelsong durch das fesselnde Mundharmonikaspiel von Charlie Musselwhite. Über allem thront der ewiglich vorantreibende Thorogood-Drive, der wie fast immer von der Bläser- Sektion seiner langjährigen Begleitern „The Destroyers“ veredelt wird.
Die jagenden Highlights: Der Boogie Rock’n’Roller „Seventh Song“ (mit 173,5 Beets in der Minute sehr gut tanzbar), das Slow Boogie Blues Monster “Two Trains Running” (bei der richtigen Lautstärke vibrieren sämtliche Gläser im Schrank – Tipp: Auf die Terrasse setzen, Anlage aufdrehen & die untergehende Sonne beobachten). Ähnliches psycho-spaciges Ambiente habe ich zuletzt von Hendrix oder Robin Trower gehört. Schade, dass nach nur 5 Minuten Schluss ist. „Bo Diddley“ beginnt ähnlich wie Principato’s „Congo Square“, mutiert dann aber doch schnell zum altbekannten vibrierenden Diddley-Groove. Die Gitarren erinnern mich zudem an das „Who Do You Love“ von der „Absolutely Live“- Scheibe der „Doors“. Ältere Rockhounds wissen, was ich meine. Geile Nummer zum Abtanzen übrigens. Gilt auch für den schnellen Rocker „Mama Talk To Your Daughter“ – super auch das druckvolle „Chicago Bound“ mit feiner Piano-Honkytonk-Einlage. Erinnert mich an Bob Seger’s heissen Feger „Betty Lou“.
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FAZIT:
Kiste Bier entstöpseln, Kumpels einladen, CD einlegen, feiern & über Blues diskutieren. Thema: “Is The blues still alive?” Die vorgeschlagene Antwort: Solange Meister Thorogood unter uns weilt, auf jeden Fall!
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